Donnerstag, 10. August 2017

Massen-Untersuchung

Mein letzter Arbeitstag bei VulPro war gleichzeitig geiermäßig der Aktion-reichste. Tierarzt Neil Forbes war wieder zu Besuch und mit vereinten Kräften nahmen wir uns heute die Kapgeier in der offenen Voliere vor.
In perfekter VulPro-Teamarbeit fingen wir nach und nach über 30 Kapgeier ein und untersuchten jeden auf Gesamteindruck und Krallen ("bumble foot"), wir nahmen Blutproben und jeder Geier bekam einen Mikrochip implantiert. Die Geier, die noch keine Flügelmarkierungen hatten, bekamen einen Erkennungsring um die Kralle und zum Abgleich mit Kerris bisherigen Daten notierten wir zusätzlich das Geschlecht und welcher Flügel amputiert wurde. Anschließend wurden die Geier gegen Milben, Zecken & Co eingepudert und bekamen einen lila Punkt auf den Flügel gesprüht, damit wir in dem Gewühl aus Kapgeiern und Weißrückengeiern sofort erkennen konnten, welchen Geier wir bereits untersucht hatten. Anschließend wurden die Blutproben unterm Mikroskop auf eventuelle Infektionen oder Auffälligkeiten untersucht. Nachdem wir uns in der Prozedur eingespielt hatten, schafften wir letztendlich alle 4 Minuten einen Geier, eine super Quote! Ich habe es sehr genossen wieder hautnah mit den Geiern arbeiten zu können, sie einzufangen und zu untersuchen. Aber für die Geier war das Ganze natürlich ziemlich stressig, so dass sei später erstmal ein saftiges Versöhnungsaas bekamen.
Außerdem aber ich im Anschluss natürlich auch das Weißrückengeier-Küken gefüttert. Dieser süße Fratz wird mir schrecklich fehlen. Ich durfte mich drei Wochen lang täglich um das knuffige Geierchen kümmern und es ist mir total ans Herz gewachsen. Es zu verlassen wird wirklich nicht einfach!
Die beiden Ohrengeier haben von dem ganzen Stress nichts mitbekommen und sich in ihrem Nest vergnügt.
Kurzbesuch bei den Geierküken in der Kapgeier-Brutvoliere.
Lecker Fütterung mit Aasbröckchen.
Beim abendlichen Spaziergang mit Kerri und den Hunden durfte ich eine Stunde lang (ca. 5 km) das kleine Mini-Kapgeier-Küken in der Hand unterm T-Shirt tragen. Die Position schien ihm sehr gefallen zu haben, denn die ganze Zeit über fiepte es so gut wie gar nicht. Was für ein süßes, unwirkliches Erlebnis, die ganze Zeit mit einem Geierküken in der Hand spazieren zu gehen. Aber dem Kleinen geht es noch immer nicht so gut und es braucht viel Wärme, Nähe und Aufmerksamkeit.
Nach unserer Rückkehr bemerkte Kerri, dass es einem Geier aus der offenen Voliere nicht gut ging. Wir hatten ihn bereits bei der Untersuchung ins Hospital-Camp umquartiert, weil wir seinen Flügel beim Tierarzt untersuchen lassen wollte. Als Kerri ihn mit Wasser versorgen wollte, verstarb es von einem Moment auf den anderen. Sowas Trauriges, ausgerechnet am letzten Abend! Und diesmal hatte ich wirklich die Hoffnung, dass ich endlich einmal VulPro OHNE Verluste genießen darf. Schweren Herzens obduzierten wir ihn direkt vor Ort und einige Organe sahen nicht gut aus. Kerri wird ihn morgen zum Tierarzt bringen und untersuchen lassen. Hoffentlich ist es nichts Ansteckendes, das vielleicht auch die anderen Geier gefährden könnte.
Nach Jahren treuer Dienste werde ich mich leider diesmal auch von meinem geliebten Aasschuhen trennen. Auf unserer USA-Reise hatte Maggie mich noch ausgelacht, als sie die ausgelatschten Schuhe erkannt hatte. Schließlich wollte ich sie bereits beim vorletzten VulPro-Besuch entsorgen, weil sich beim Geierpool-Schrubben plötzlich sämtliche Nähte gelöst hatten. Aber immerhin waren sie gut eingelatscht und der Wasserschutz hielt nach wie vor dicht. Mittlerweile lässt aber auch dieser nach und meine neuen Schuhe haben den VulPro-Test eindeutig bestanden. Daher heißt es auf Wiedersehen, meine Aasschuhe! Danke für die schöne, kadaverreiche Zeit! Komisch, auf diesem Bild sieht es gar nicht so aus, als würden sie nur noch an wenigen Stellen zusammenhalten...
Als Abschiedsessen gab es heute eine ordentliche Ration Sushi! Irgendwie war die Portion größer als angenommen, aber umso besser. Nach den vielen Geieraktivitäten und meinen fast aufgebrauchten Vorräten war der Magen ziemlich ausgemärgelt. Aber nach dem plötzlichen Geierverlust und der sowieso schon traurigen Abschiedsstimmung, viel das Abschiedsessen eher ruhig statt feierlich aus.
Zwar ist mein Rückflug erst morgen Abend, aber die Taxifahrer hier meinen es immer ganz besonders gut. Daher werde ich bereits am frühen Nachmittag abgeholt. Die letzten Stunden werde ich also mit den Geiern verbringen und mich auf dem langen Rückflug via Abu Dhabi selbst bemitleiden, dass die tolle Zeit bei VulPro schon wieder so wahnsinnig schnell vergangen ist!

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